Die Ernährungsminute: Das Fressverhalten der Katze


Von Isabelle Bouissou, med. vet.

Trotz ihrer Domestikation, die auf ca. 7000 Jahre v. Chr. zurückgeht, hat die Hauskatze ein Fressverhalten beibehalten, das dem ihrer wilden Vorfahren sehr ähnlich ist. Mit der Entwicklung der Landwirtschaft machte sie sich die zahlreichen Nagetiere auf den Feldern und in den Getreidelagern zunutze und behielt über die Jahrhunderte ihr Jagdverhalten bei, wobei sie im Idealfall mehrere kleine Beutetiere pro Tag verzehrt.

Die derzeit häufigste Art der Ernährung von Hauskatzen, das Trockenfutter ad libitum, entspricht diesem Snackverhalten recht gut. Katzen, welche nicht ein abnormales Fressverhalten zeigen, nehmen 15-20 kleine Mahlzeiten pro Tag zu sich.

Allerdings ist die Art und Weise, wie das Futter normalerweise verabreicht wird, nämlich in einem einzigen Napf, nicht unbedingt für Katzen mit abnormalen Fressgewohnheiten geeignet, und auch nicht für

Wohnungs-/sesshafte/sterilisierte Katzen, bei denen Bewegungsmangel und unbegrenzter Zugang zu Trockenfutter unter anderem zu einer Gewichtszunahme führen kann¹.

Bei diesen Katzen wäre es von Vorteil, die Futteraufnahme mit einer Beschäftigung zu verbinden, um ein ausgewogeneres Fressverhalten zu fördern²: Dafür könnte man ein Fummelbrett bereitstellen, auf dem die Kroketten verteilt werden, das Futter an verschiedenen Stellen und "Verstecke" platzieren, oder das Futter in ein Spielzeug füllen, das die Kroketten nach und nach verteilt. Es gibt viele Möglichkeiten und die meisten davon lassen sich sogar ganz einfach selbst umsetzen, ohne dass man sie kaufen muss.

Der Futterautomat sorgt zwar nicht für mehr Bewegung, aber er gibt in regelmässigen Abständen kleine Portionen aus und kann gut für gefrässige Katzen geeignet sein.

Hinsichtlich der Wasseraufnahme hat die Katze das Verhalten ihrer Vorfahren aus Trockengebieten beibehalten. In der Natur bezieht sie ihr Wasser aus den Beutetieren, die sie frisst (deren Wassergehalt bei etwa 60% liegt ³). Sie spart ausserdem Wasser, indem sie einen recht konzentrierten Urin produziert (spezifisches Gewicht 1,035 - 1,060). Zudem wird die Katze als schlechter Trinker bezeichnet, da sie auf eine wasserarme Ernährung eher mit einer Erhöhung der Urinkonzentration reagiert, als mehr zu trinken. Wenn die Katze ausschliesslich mit Trockenfutter (mit einem durchschnittlichen Feuchtigkeitsgehalt von ca. 6-8 %) gefüttert wird, kann es sein, dass die Wasseraufnahme zu gering ist, was zu chronischer Dehydrierung führen kann und sie anfälliger für bestimmte Krankheiten macht: Harnwegs- und Nierenerkrankungen, Verstopfung usw.

Es wird daher empfohlen, Katzen eine gemischte Ernährung zu verabreichen: Trocken- & Nassfutter. Dies erhöht die Wasseraufnahme und vergrössert das Volumen der Ration (und verdünnt gleichzeitig die Kalorien, was bei übergewichtigen Katzen von Vorteil sein kann). Katzen mit Harnwegs- oder Nierenerkrankungen sollten in manchen Fällen sogar ein angepasstes Futter erhalten, das ausschliesslich aus Nassfutter besteht.

Ausserdem ist es erforderlich, die Wasseraufnahme zu fördern: z.B. indem man mehrere Näpfe an verschiedenen Stellen aufstellt und darauf achtet, dass sie an einem ruhigen Ort stehen (nicht in der Nähe von Futter und Katzenklo), die Trinkgefässe je nach den Vorlieben der Katze variiert, und dafür sorgt, dass das Wasser darin immer frisch ist, oder indem man sogar einen Wasserbrunnen verwendet. Aromatisiertes, mit Nährstoffen angereichertes Wasser ist ebenfalls ein geeignetes Hilfsmittel, um Katzen zum Trinken zu verleiten und ihnen zu helfen, ihren Flüssigkeitshaushalt aufrechtzuerhalten⁴.


Referenzen:

  1. “Effects of Neutering on Bodyweight, Metabolic Rate and Glucose Tolerance of Domestic Cats” M. J FETTMAN et al. 1997
  2. “Feline Feeding Programs: Addressing Behavioural Needs to Improve Feline Health and Wellbeing” Tammy SADEK et al. 2018
  3. “Body composition and amino acid concentrations of select birds and mammals consumed by cats in northern and central California” N A KREMEN et al. 2013
  4. “Effects of a nutrient-enriched water on water intake and indices of hydration in healthy domestic cats fed a dry kibble diet” Brian M. ZANGHI et al. 2018

 


Crissier, den 1. März 2023